Talisayan

Flut und Licht, Talisayan

Die mit Licht fischen.

Im indonesischen Teil Borneos, der Kalimantan genannt wird, liegt der pittoreske Fischerort Talisayan, in dem sich alles um Fisch dreht. Hier sind die Bugis zuhause, ehemals ein Volk von berüchtigten Piraten und bewunderten Navigatoren. Heute arbeiten sie vor allem als Fischer und als Seefahrer auf den Bugischonern der indonesischen Segelschiffflotte, die Holz von den zahllosen Inseln des Archipels nach Surabaya oder Jakarta bringt.

In Talisayan ist die wohl größte Flotte von Bagans registriert, riesige schwimmende Fischereiplattformen, die aussehen, als wären sie einem dystopischen Endzeitfilm entsprungen. Auf den Bagans fischen 8 Mann, ausschließlich in der Nacht. Riesige Lampenbatterien mit gleißend hellem Quecksilberdampflampen, die man von Fußballplätzen mit Flutlicht kennt, locken die Fische aus größeren in niedrigere Wassertiefen, wo sie dann in den Netzen der Bagans gefangen werden. Beginnt der Fang, dann werden die Netze hinter der Lampenbatterie abgesenkt und der Fisch hereingelockt.

Die Nachtfischerei mit Licht wird hier seit vielen Jahrzehnten betrieben. Sardinen, Sardellen, Makrelen und Ährenfische zählen zu den größten Fängen der Fischer. Ab und zu sind auch Kalmare im Netz, seltener ein Barrakuda oder ein Büffelkopf-Papageienfisch. Aufpassen müssen die Fischer vor allem vor den zahlreichen giftigen Seeschlangen, die ebenfalls von dem Licht angelockt werden und manchmal im Netz landen. Die meisten tödlichen Unfälle mit diesen besonders giftigen Reptilien geschehen beim Herausnehmen der Schlangen aus dem Netz. Ist der Fang eines Hols auf dem Deck, dann sortiert die Besatzung ihn nach Fischarten und kühlt ihn mit Eis.

Die Bagans haben keinen eigenen Antrieb. Sie liegen auf See vor Anker, zumeist mehrere Stunden Bootsfahrt von Talisayan entfernt. Wenn der Liegeplatz keinen guten Fänge mehr verspricht, dann wird die Bagan mit dem Zubringerboot, das auch täglich den gefangenen Fisch zum Händler bringt, einfach zu einem andern Fangplatz geschleppt.

Über 30 Meter Seitenlänge haben die größeren Bagans, die noch immer auf einer Werft in Talisayan in Handarbeit aus hartem und schweren Eisenholz gebaut werden. Sie bestehen aus einem schmalen Schiffskörper, über den das Trapez mit seinen zahlreichen Verstrebungen gebaut wird. Damit die halten, werden sie von unzähligen Stahlseilen an den beiden Masten befestigt. Um diese sperrige Konstruktion am Kentern zu hindern, besitzt sie an den Seiten auf ganzer Länge der Bagan Auftriebskörper aus wasserdichten Abflussrohren. Die halten die Bagan wie die Trimarane der Südseeinsulander in der Waage. Das alles wird erst im Wasser montiert, da es in Talisayans Hafen keinen Platz gibt, der ausreichend groß wäre.

Auf dem Schiffskörper ist auch eine etwa 60 Quadratmeter große Kajüte gebaut. Darin steht der Generator, der den Strom für die vielen Lampen produziert, die zum Anlocken der Fische dienen. Außerdem dient sie der Besatzung als Aufenthalts- und Schlafraum, besonders bei dem häufigen tropischen Regen. In der Kajüte ist es zwischen den Hols der Netze stockdunkel, sodass man gerade noch seine eigenen Füße sehen kann. Aber auch nur, weil man wegen der niedrigen Decke gebückt gehen muss und den Füßen dadurch näher ist. Von Schlaf kann man nicht wirklich reden, da der Generator so laut ist, das man sich fühlt, als versuche man im Maschinenraum der Titanic ein Auge zuzudrücken.

Etwa 100.000 Dollar habe er für seine Bagan zahlen müssen, erzählt der junge Kapitän Hasanuddin. Eine Bank und der Vater haben bei der Finanzierung geholfen. 15 Jahre hält so eine Bagan, meint er. Bis dahin muss sie abbezahlt sein.

Fotos: Rolf Nobel und Andreas Gladis, Text: Rolf Nobel.